Was ist Tinnitus?

Was sind die Gründe für Tinnitus?

Tinnitus, eine spontane oder ungewöhnliche Aktivität im Hörsystem, wird in den meisten Fällen durch krankhafte Veränderungen im Innenohr verursacht, gelegentlich auch durch Probleme im Mittelohr oder der Hörbahn.1 Mehr als 90 % der Tinnitusfälle gehen mit Hörverlust im betroffenen Ohr oder beiden Ohren einher.2 Der Tinnitus wird häufig als primäres Symptom wahrgenommen, während der Hörverlust möglicherweise nicht erkannt wird.3 Das Hörzentrum im Gehirn versucht, die fehlenden Frequenzen durch Verstärkungsaktivitäten auszugleichen, was dazu führen kann, dass der Tinnitus lauter wahrgenommen wird.4 Dies kann Hinwendungs- und Aufmerksamkeitsreaktionen auslösen, die das Ohrgeräusch verstärken.5 Der Tinnitus wird oft als Phantomschmerz empfunden, da er in nicht mehr vorhandenen oder geschädigten Teilen der Hörbahn empfunden wird.6 In seltenen Fällen kann ein Ohrgeräusch auch aufgrund einer gesteigerten sinnlichen Überreizung im weiteren Verlauf der Hörbahn auftreten.7

Ist es wirklich wahr, dass man bei Tinnitus nichts tun kann?

Die Aussage, dass bei Tinnitus nichts getan werden könne, basiert darauf, dass es bisher keinen Schalter gibt, der das lästige Ohrgeräusch einfach ausschaltet. Es stimmt jedoch nicht, dass nichts getan werden kann. ÄrztInnen und PatientInnen können gemeinsam viel erreichen, um den Tinnitus erträglicher zu machen oder sogar vollständig zu beseitigen.8

Es gibt zwei Arten von Ohrgeräuschen: akute, die oft mit einem plötzlichen Hörverlust (Hörsturz) und Tinnitus einhergehen, und chronische Tinnitus, die schon länger bestehen. Bei akuten Ohrgeräuschen sollte eine Behandlung wie bei einem Hörsturz in der Regel mit einer Kortisonbehandlung erfolgen. Chronische Ohrgeräusche sollten behandelt werden, wenn sie störend sind und die Lebensqualität beeinträchtigen oder wenn Begleiterkrankungen vorliegen, die belastend sind.9

Begleiterkrankungen

Begleitende Erkrankungen, auch bekannt als Komorbiditäten, können den Tinnitus zu einer behandlungsbedürftigen Angelegenheit machen. Einige Menschen können das Ohrgeräusch als normal empfinden und einfach ausblenden, während es sich für andere belastend anfühlt und ihre Lebensqualität einschränkt. Dies kann zu verschiedenen Komorbiditäten führen, darunter eine Überempfindlichkeit des Hörsystems, Schlafprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten und Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen.10 Oftmals führen die Ohrgeräusche auch zu Unsicherheit und Angst vor möglichen Veränderungen oder Erkrankungen im Gehirn, die den Tinnitus auslösen könnten. In einigen Fällen besteht die Erkrankung bereits vor dem Tinnitus, und der damit verbundene Stress löst das Ohrgeräusch aus.11

Es ist wichtig zu betonen, dass es Behandlungsmöglichkeiten gibt, um sowohl den Tinnitus als auch damit einhergehende Komorbiditäten zu lindern!

Quellen:

  1. Biesinger, E., Reisshauer, A., & Mazurek, B. (2016). [Diagnosis and therapy of tinnitus]. HNO, 64(1), 1-7.
  2. Schecklmann, M., Landgrebe, M., & Langguth, B. (2014). Phenotypic characteristics of hyperacusis in tinnitus. PloS One, 9(1), e86944.
  3. Han, B. I., Lee, H. W., Kim, T. Y., & Lim, J. S. (2009). Tinnitus: characteristics, causes, mechanisms, and treatments. Journal of clinical neurology, 5(1), 11-19.
  4. Roberts, L. E., Bosnyak, D. J., & Thompson, D. C. (2008). Neural plasticity expressed in central auditory structures with and without tinnitus. Frontiers in systems neuroscience, 2, 1.
  5. Andersson, G., Lindvall, N., Hursti, T., Carlbring, P., & Kaldo, V. (2009). Screening of psychiatric disorders using the MADRS-S in an audiological population. International journal of audiology, 48(12), 835-841.
  6. De Ridder, D., Elgoyhen, A. B., Romo, R., & Langguth, B. (2011). Phantom percepts: tinnitus and pain as persisting aversive memory networks. Proceedings of the National Academy of Sciences, 108(20), 8075-8080.
  7. Auerbach, B. D., Rodrigues, P. V., Salvi, R. J., & Central Auditory Processing Disorders in Tinnitus (2014). Plasticity in the auditory system associated with tinnitus. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 45, 51-64.
  8. Hoare, D. J., Kowalkowski, V. L., & Kang, S. (2014). Systematic review and meta-analyses of randomized controlled trials examining tinnitus management. The Laryngoscope, 124(1), 209-217.
  9. Langguth, B., Landgrebe, M., Kleinjung, T., & Sand, G. P. (2013). Tinnitus und hyperakusis. HNO, 61(1), 39-44.
  10. Tyler, R. S., Coelho, C., Tao, P., Ji, H., & Noble, W. (2014). Tinnitus: standard of care, personality differences, genetic factors, and bilateral cochlear implants. Seminars in Hearing, 35(02), 084-105.
  11. Cima, R. F., Crombez, G., Vlaeyen, J. W., & Vancamp, T. (2014). Does adherence to treatment mediate the relationship between patients‘ treatment outcome expectancies and the outcome of pain reduction? A study in the context of multidisciplinary rehabilitation for chronic pain. Patient education and counseling, 97(2), 210-216.